Donner ohne Regen ist wie Worte ohne Taten… (Spruch aus Myanmar)

Donner ohne Regen ist wie Worte ohne Taten… (Spruch aus Myanmar)

 

Meenge, 35, aus Myanmar, in Karenz, in Österreich seit 2022

 

…und ich denke, dass es genug Menschen da draußen gibt, die besonders viel dafür tun müssen, um den Donner dazu zu animieren, Regen mit zu schicken. Man sagt ja, dass jeder Mensch sein Leben selbst in der Hand hat. Wir sind quasi die Schmiede unseres Glücks. Irgendwie stimmt das auch, doch was viele außer Acht lassen ist, dass nicht alle dieselben Startbedingungen haben. Manche fangen bei 100 an. Beispielsweise Menschen, die in einem sicheren Land wie Österreich geboren werden, in einer Familie, die finanziell stabil ist und denen alle Türen zu Bildung offen stehen. Dann gibt es noch jene, die bei 0 losstarten – jene wie ich und unzählige meiner Landsleute. Es hat über 15 Jahre und etliche Jobs gebraucht, bis ich mir den Traum von Sicherheit und einer eigenen kleinen Familie erfüllen konnte.

Ich wurde in Sabudaung, einem kleinen Ort in der Nähe der Hauptstadt Yangon (Myanmar), als eines von drei Kindern geboren. Weil meine Eltern getrennt sind, habe ich die meiste Zeit bei meiner Oma gelebt. Als ich 14 Jahre alt war, ist sie gestorben und ich kam zu meiner Tante, die sich bis zu meinem 17. Lebensjahr um mich gekümmert hat. Ich besuchte in Myanmar die Volks- und Mittelschule. Ein Studium kam aus finanziellen Gründen nicht in Frage, denn in Myanmar gibt es so etwas wie staatliche Hilfe, Pensionen, Stipendien und Mutterschutz nicht. Es gibt kein Polster, das dich abfedert, wenn du fällst, geschweige denn, wenn du dir den Luxus eines Studiums gönnen willst. Weil das Geld immer knapp war, war es für mich an der Zeit, mir eine Arbeit zu suchen. Mit meinen 17 Jahren setzte ich mich ins Flugzeug nach Thailand und trat eine einsame Reise ins Ungewisse an. Ich arbeitete unter anderem als Zimmermädchen, Kellnerin und Abwäscherin – 15 Jahre lang. Während meiner Arbeit als Zimmermädchen in einem Ressort, lernte ich Peter kennen. Eigentlich hat es auf Anhieb gefunkt, doch für den Anfang blieb es bei einer Freundschaft. Erst Monate später entwickelte sich mehr und wir führten ein Jahr lang eine Fernbeziehung. Im Februar 2020 heirateten wir, doch Corona machte unseren Plänen einen Strich durch die Rechnung. Die ständigen Lockdowns und Auflagen sorgten dafür, dass es zwei Jahre dauerte, bis ich ein Visum bekam und nach Österreich einreisen durfte. Nicht nur ich hatte meine kleinen und großen Baustellen. In dieser Zeit machte Peter mindestens genau so viel mit, denn er befand sich mitten im Aufbau seines Unternehmens. Er stammt aus Salzburg, ist studierter Informationstechniker und ist 2010 nach Braunau gezogen. Nach einem Saisonjob im Gastgewerbe auf Sizilien, hat er eine Leidenschaft für guten Kaffee entdeckt und wollte diesen den Menschen hierzulande nicht vorenthalten. Das war damals jedoch schwierig, weil es im Internet noch keine Onlineshops von Kleinröstern gab, und die Frische beim Kaffee für das gute Ergebnis ausschlaggebend ist. Also vertiefte er sich in das Thema und kam so zum Selberrösten. Er sammelte 15 Jahre lang Erfahrung, bis 2019 bei einem Bier mit einem guten Freund, der Grundstein für eine eigene Rösterei gelegt wurde. Sie suchten eine Location, schauten sich Röstmaschinen an und verglichen Preise. Eine große Herausforderung waren zudem die Genehmigungen für ihr Vorhaben. Nur zwei Wochen, nachdem sie alles vorbereitet hatten, wurde der erste Lockdown verhängt. Weil sie damals nicht wussten, wie lange dieser anhalten würde und was dies überhaupt zu bedeuten hatte, haben sie das Geschäft trotzdem wie geplant gestartet. Es war ein voller Erfolg! Die Menschen in und um Braunau haben sie tatkräftig unterstützt. So haben es Peter und sein Kollege geschafft, ihre Marke Inndie Beans zu etablieren. Ich bin dann einfach dazu gestoßen und bin nun Teil vom Team. Wir haben mittlerweile eine Tochter, die ein Jahr alt ist und um die sich meine Welt dreht, doch mindestens genauso gerne helfe ich Peter in der Rösterei aus. Wir achten nicht nur auf Qualität, sondern auch auf Nachhaltigkeit, indem wir umweltfreundliche Kaffeesäcke zum Verkauf anbieten, die eigenen Behälter der Kunden/innen befüllen und damit Müll reduzieren. Einige unserer Sorten sind biologisch angebaut und unterstützen soziale Projekte in den Anbauländern, was mich besonders freut. Ich erinnere mich noch an meine Anfänge in Braunau und an das erste Mal, als ich Schnee zu Gesicht bekam. Ich war fasziniert, wie ein kleines Kind. Die Gebäude und die Natur kannte ich so nur aus Filmen und fühlte mich, als hätte man mich in eine andere Welt katapultiert. In Myanmar und Thailand hat es im Dezember 25, im Frühling 38 Grad. Das Wetter und die Kälte hierzulande ist etwas, an das man sich nur schwer gewöhnt, wenn man jahrelang umgeben war von tropischer Hitze. Andererseits erlebe ich viel Wärme von den Menschen hier. Ich verstehe zum Beispiel dieses Vorurteil nicht, dass Braunauer/innen „grantig“ sein sollen. Mich grüßen immer alle freundlich und sind sehr hilfsbereit, was mir die Eingewöhnung in der neuen Stadt erleichterte. Derzeit besuche ich einen Deutschkurs im ZIMT. Hätte ich damals die finanziellen Möglichkeiten für ein Studium gehabt, wäre ich Ingenieurin geworden. Wer weiß also, was das Leben noch für mich bereithält. Ich bin es gewohnt, für meine Ziele hart zu arbeiten und ich hoffe, dass mir das auch in Zukunft in beruflicher Hinsicht gelingen wird. In meiner Freizeit schaue ich mir gerne italienische Krimis in deutscher Sprache an. Das ist eine Leidenschaft, die ich von meinem Mann übernommen habe. Ich liebe es, Rad zu fahren und zu kochen, vor allem Gerichte aus meiner Heimat. Diese schmecken Peter nicht immer, aber manchmal muss Frau egoistisch sein und ihr Heimatfeeling um jeden Preis ausleben 😉 Verhungert ist zum Glück noch niemand bei uns und dass Geschmäcker verschieden sind, ist ja gerade das, was unser aller Leben so bunt und spannend macht. Für mich ist übrigens Familie Heimat und ich bin froh, dass ich diese in einem so schönen Land wie Österreich gründen durfte.

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