Sehr geehrter Dr. Dichand,
als österreichischer Migrant und Teil dieser vielfältigen Gesellschaft wende ich mich mit großer Sorge an Sie. Die Berichterstattung Ihrer Zeitung, insbesondere die regelmäßig erscheinenden Artikel, die gezielt Vorurteile schüren und gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen hetzen, verletzt nicht nur mich persönlich, sondern auch viele andere Menschen, die sich ein Leben in Respekt, Anerkennung und Chancengleichheit wünschen.
Die Pressefreiheit ist ein unverzichtbares Gut in einer demokratischen Gesellschaft. Ein kluger Denker hat jedoch einmal gesagt: „Die Freiheit der Presse hört dort auf, wo sie zur Waffe gegen die Schwächeren wird“. Wenn Medien ihre Macht nutzen, um gezielt Vorurteile zu verstärken, Menschen zu stigmatisieren und soziale Gräben zu vertiefen, wird diese Freiheit missbraucht.
Ihre Zeitung erreicht täglich Millionen Leser:innen und trägt maßgeblich dazu bei, das Bild von Migrant:innen in Österreich zu formen. Doch anstatt die Wahrheit differenziert darzustellen oder Brücken der Verständigung zwischen verschiedenen Gruppen zu bauen, verstärken Hetzartikel Ängste und Ressentiments. Das schadet nicht nur den Betroffenen, sondern unserer gesamten Gesellschaft. Es untergräbt den sozialen Zusammenhalt und fördert eine Kultur der Ausgrenzung.
Ein kleiner Hinweis an die Redaktion: Es bedarf nicht zwingend zahlreicher Kopftücher auf einem Foto, damit die Leser:innen erkennen, dass es um Themen wie Integration oder Wien geht.
Gibt es nicht andere Möglichkeiten, Auflagen und Anzeigen zu verkaufen, ohne völlig unschuldige Menschen zu verletzen – Menschen, die tagtäglich ihren Beitrag für Österreich leisten? Menschen, die laut Statistiken für die gleiche Arbeit weniger verdienen und in kleineren Wohnungen leben, für die sie oft mehr bezahlen. Kinder, die aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit in Ihrer Zeitung oft als Problem dargestellt werden. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie viele der rund 1.300 dokumentierten rassistischen Vorfälle in Österreich im Jahr 2023 indirekt mit der Berichterstattung Ihrer Zeitung zusammenhängen könnten?
Können Sie bitte einen Weg finden, Ihre Zeitung und Ihre Projekte zu finanzieren, ohne das friedliche Zusammenleben in Österreich und damit eine gute Zukunft für Ihre und meine Kinder zu gefährden?
Ein Perspektivwechsel und etwas mehr Empathie für andere könnten hier sehr hilfreich sein. Was würde es für Sie und Ihre Redaktion bedeuten, sich bewusst in die Lage derer zu versetzen, die durch eine solche Berichterstattung stigmatisiert und verletzt werden? Vielleicht würde eine solche Reflexion zeigen, dass Respekt und wirtschaftlicher Erfolg sich nicht ausschließen, sondern ergänzen können.
Ich habe mich entschieden, in Österreich zu leben, weil ich an die Grundwerte dieses Landes glaube: Demokratie, Menschenrechte und ein respektvolles Miteinander. Aber genau diese Werte sind in Gefahr, wenn Medien wie die Kronen Zeitung dazu beitragen, Hass und Intoleranz zu normalisieren.
Ich appelliere an Sie als Herausgeber: Nutzen Sie die Reichweite und den Einfluss Ihrer Zeitung, um etwas Positives zu bewirken. Schreiben Sie auch über das, was uns verbindet.
Die Verantwortung, die mit der Pressefreiheit einhergeht, darf nicht leichtfertig ignoriert werden. Jede Zeile in Ihrer Zeitung hat die Macht, Meinungen zu formen und Einstellungen zu verändern. Bitte lassen Sie nicht zu, dass diese Macht weiterhin zum Schaden Ihrer Nachbar:innen eingesetzt wird.
Mit Hoffnung auf ein Umdenken und mehr Verantwortung in Ihrer Berichterstattung,
mit freundlichen Grüßen,
Dino Šoše (Schosche)
Neue Österreichische Organisationen
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