Ein haariges Metier
Isamael Buga

Meine neue Heimat

In der Serie „Meine neue Heimat“ werden Menschen vorgestellt, die aus verschiedensten LĂ€ndern nach Braunau am Inn gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben. Die BeitrĂ€ge stammen von Mag. Elma PandĆŸić.

Ein haariges Metier

Ismael Buga (28), aus der TĂŒrkei, GeschĂ€ftsfĂŒhrer von Buga Haarsalon/MĂ€nnerfriseur, in Österreich seit 2013

Als ich als 13-JĂ€hriger meinem Vater erzĂ€hlte, dass ich die Schere und Haarschneidemaschine zu meinem tĂ€glichen Werkzeug machen und eine Lehre zum Friseur absolvieren wollte, war er darĂŒber alles andere als glĂŒcklich. Er hatte fĂŒr mich andere PlĂ€ne im Sinn, doch es half nichts, weil ich sehr frĂŒh wusste, was ich wollte. In einem Salon in meiner Heimatstadt Konya habe ich schließlich drei Jahre lang gearbeitet und meinen Meister gemacht. Die Lehre sieht in der TĂŒrkei etwas anders aus als hierzulande. Insbesondere die Arbeitszeiten sind meilenweit von dem entfernt, was in Österreich an der Tagesordnung steht. Dort arbeitete ich zwischen zwölf und dreizehn Stunden am Tag, im Sommer sogar bis ein Uhr morgens. Anstrengend, aber lehrreich. An so einem langen Arbeitstag eignet man sich viel Wissen und neue Techniken an. Man ĂŒbt sich im Umgang mit den Menschen, die nicht alle gleich und manche alles andere als einfach sind. Ich denke, dass wir Friseure ein gutes FingerspitzengefĂŒhl fĂŒr die BedĂŒrfnisse der Kunden haben und gute Zuhörer sind.

Im Jahr 2013 bin ich der Liebe wegen nach Österreich gezogen. FĂŒr meine Frau, eine Österreicherin mit tĂŒrkischen Wurzeln, ist dieses Land der Lebensmittelpunkt. Daher beschlossen wir, hier zu leben. Der Gegensatz ist zu Beginn enorm und auch beĂ€ngstigend. Konya ist eine Stadt mit ĂŒber zwei Millionen Einwohnern, ungefĂ€hr 200 Kilometer von Ankara entfernt. Die Stadt lebt, egal zu welcher Tages- und Jahreszeit. Es duftet herrlich, es ist laut, die Menschen unterhalten sich an jeder Ecke miteinander und man hat das GefĂŒhl, nie alleine zu sein. In Braunau angekommen, musste ich mich an die Stille, die vor allem im Winter herrscht, an das kĂŒhlere Klima und die MentalitĂ€t der Menschen gewöhnen. Was ich hier allerdings schĂ€tze, ist die Tatsache, dass Recht und Ordnung herrschen. Das beste Beispiel dafĂŒr sind Ampeln. In der TĂŒrkei sind sie ein farbenfrohes Accessoire, nicht mehr und nicht weniger. Die einen richten sich nach ihnen, die anderen stellen sich farbenblind. In Österreich sehe ich selten jemanden bei rot die Straße ĂŒberqueren – und wenn, dann steht demjenigen das SchuldgefĂŒhl ins Gesicht geschrieben.

Weil es nicht möglich war, einfach in meinen alten Beruf einzusteigen, arbeitete ich zunĂ€chst bei einem Brezenhersteller und in zwei Unternehmen aus dem Industriebereich. Was sich jedoch wie ein roter Faden durch mein Leben zog, war mein steter Wunsch, Menschen auf meine Art zu verschönern. Zum GlĂŒck fand ich einen Friseursalon in Marchtrenk, in dem ich ein Jahr lang meinen Beruf ausĂŒben konnte. Vor ungefĂ€hr einem Jahr fasste ich den Entschluss, mich selbststĂ€ndig zu machen. Ich hatte das GefĂŒhl, dass diese Stadt einen Salon gut gebrauchen kann, in dem die Braunauer ein wenig Urlaubsfeeling zurĂŒckbekommen.

Das Friseurhandwerk hat in der TĂŒrkei lange Tradition und man sagt, dass die orientalischen Friseure zu den besten der Welt gehören. Da werden die Haare nicht einfach gewaschen, geschnitten, geföhnt und gefĂ€rbt. Es geht immer um den Gesamteindruck. Augenbrauen werden modelliert, ungeliebte Haare nach alter Methode mit Feuer oder Faden entfernt und BĂ€rte mit einer Messerrasur in Form gebracht. Haare schneiden und stylen ist ein wenig wie Kunst. Man bekommt am Ende ein befriedigendes GefĂŒhl, wenn man seine Kreation bewundern kann, und das liebe ich am meisten an meiner Arbeit. Mittlerweile fĂŒhre ich den Salon mit meinem 34-jĂ€hrigen Kollegen Hazim Mousa, den ich als Kunden kennenlernte. Als sich herausstellte, dass er selbst Friseur war und ich Hilfe gut gebrauchen konnte, beschlossen wir das GeschĂ€ft gemeinsam zu leiten. Wir sind mit unserem Konzept erfolgreich und sind dankbar fĂŒr die vielen Kunden. Leider gönnen uns nicht alle diesen Erfolg und legen uns regelmĂ€ĂŸig Steine in den Weg. Ein Beispiel ist unsere Facebook-Seite, die bei den Kunden sehr beliebt und mit vielen Fotos bestĂŒckt war. Vor einiger Zeit ist jemand auf die Idee gekommen, die Seite zu hacken, und wir waren gezwungen, sie zu löschen. Ärgerlich, aber kein Weltuntergang, denn wenn ich eines im Leben gelernt habe, dann dass es immer weitergeht. Ich habe meine Berufung gefunden und weiß, wo meine Talente liegen. Ich möchte diese auch in Braunau sinnvoll einsetzen und meine Arbeit mit viel Sorgfalt erledigen, um meinen Kunden kein Haar zu krĂŒmmen.

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