Meine neue Heimat
In der Serie „Meine neue Heimat“ werden Menschen vorgestellt, die aus verschiedensten Ländern nach Braunau am Inn gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben. Die Texte stammen von Mag. Elma Pandžić.
Unternehmer mit Herz und Seele
Metin Aktas (37), aus der Türkei, Eigentümer und Geschäftsführer von Flair Pizza & Pasta Braunau
Mein Vater, damals stolzer Besitzer einer gut laufenden Spenglerei, ließ sich von der Euphorie der „Heimat-Urlauber“ mitreißen. Diese hatten in den 1990er Jahren die Türkei verlassen, um in Deutschland und Österreich als Gastarbeiter tätig zu werden. Beim Urlaub in der Heimat berichteten sie von ihrem schönen und aufregenden Leben in einem für uns so weit entfernten Land. Mein Vater hatte damals eigentlich keinen Grund, die Türkei zu verlassen. Weil die Nachfrage nach Arbeitskräften aber so groß war und er mir und meinen drei Schwestern eine sichere Zukunft und bessere Schulbildung ermöglichen wollte, verkaufte er 1994 kurzerhand seine Werkstatt und machte sich auf den Weg nach Österreich.
In Mattighofen besuchte ich die Hauptschule, danach absolvierte ich in Burgkirchen eine Ausbildung zum Schlosser, doch mein eigentlicher Berufswunsch war immer die Selbstständigkeit. In der Türkei hatte ich in den Sommerferien in der Gastronomie gearbeitet und dabei viel Erfahrung gesammelt. Ich mochte die Arbeit in der Tourismusbranche und die Geselligkeit, die sie mit sich bringt. So kam es auch, dass ich mich bereits im Alter von 23 Jahren selbstständig machte. Ich habe damals ein Bistro in Kirchdorf am Inn übernommen und fünf Jahre lang erfolgreich geführt. Nebenbei kümmerte ich mich um das Lebensmittelgeschäft meiner Eltern in Laab.
Im Hinterkopf hatte ich schon lange die Idee, in Braunau ein Lokal zu eröffnen. Wochenlang beobachtete ich die Passanten am Stadtplatz. Die einen spazierten gemütlich auf und ab, die anderen eilten von einem Punkt zum anderen. Mir fiel auf, dass die meisten kalte Kost verspeisten – für mich ein Zeichen, dass meine Geschäftsidee auf fruchtbaren Boden treffen würde. Imbiss- und Kebapbuden gab es in Braunau und Umgebung zu Genüge. Daher wollte ich einen Ort schaffen, an dem die Braunauer mittags schnell und ohne großen Aufwand etwas Warmes essen und sich dabei auch wohlfühlen können. Viel Flair, aber eben keine Imbissbude – daher auch der Name. Im Jahr 2012 war es dann so weit. Ich übergab das Bistro in Kirchdorf an meinen Mitarbeiter und schloss das Lebensmittelgeschäft meiner Eltern, um mich voll und ganz auf mein neues Projekt zu konzentrieren.
Ein eigenes Unternehmen zu führen bedeutet für mich, Entscheidungsfreiheit zu haben und meine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Weil natürlich keine Freiheit grenzenlos ist, spüre ich jeden Tag aufs Neue, welche Verantwortung ich gegenüber dem Staat, meinen sechs Mitarbeitern und meiner Familie habe. Diesen Balanceakt zu meisten, ist nicht einfach, weil man als mittelständisches Unternehmen viel Leistung erbringt, zugleich etliche bürokratische Hürden zu bewältigen hat und stets unter großem Druck steht.
Dennoch, wenn ich mich heute nochmals entscheiden könnte, würde ich denselben Weg wieder gehen, weil ich in dieses Lokal gerne meine Zeit investiere. Ich finde es wichtig, die eigenen Stärken zu erkennen und sich immer wieder neue Ziele zu setzen. Österreich ist ein wunderbares Land, dem ich viel zu verdanken habe. Wer sich mit der Kultur und den Sitten hierzulande auseinandersetzt und auf die Menschen zugeht, dem stehen alle Türen offen, sich selbst zu verwirklichen. In Braunau gefällt mir besonders, dass die Stadt nicht zu groß ist und jeder jeden kennt. Als Vater von drei Kindern ist es mir ein Anliegen, mein Motto „Fleiß und Ehrlichkeit“ jeden Tag in die Tat umzusetzen. Ich will ihnen ein Vorbild sein und zeigen, dass jeder seine Ziele erreichen kann, wenn er nur hart genug daran arbeitet und nicht vergisst, Mensch zu sein – für sich und für jene um ihn herum.